Deserteure

Kärntner Kneipen-krimi
Deserteure - ein Roman von Roland Zingerle
Golan-Veteran Ernst Vogt erkennt im Zeitungsfoto eines Unfallopfers einen ehemaligen UNO-Soldaten, der vor zwanzig Jahren gemeinsam mit drei anderen unter mysteriösen Umständen am Golan verschwunden ist. Ihr Stützpunkt war geplündert und verwaist vorgefunden worden; bis auf die Leichen des Kommandanten und seines Stellvertreters. Vogt, der für den Mord an den beiden verantwortlich gemacht wurde, verbüßte eine vieljährige Haftstrafe und sieht nun die Chance, sich zu rehabilitieren. Pogatschnig übernimmt den Fall – und gerät dabei mitten in ein mörderisches Aufräumen.
Dass ich meine Zeit als UNO-Soldat auf den Golanhöhen nie literarisch verarbeitet habe, liegt daran, dass ich keinen geeigneten Zugang zu der Materie fand; die Menge der Eindrücke war einfach zu groß. 
Zwei Jahrzehnte später holte ich dieses Versäumnis mit „Deserteure“ nach; wenn auch in kleinem Ausmaß 

Leseprobe

Nachdem er am Kassenautomaten bezahlt hatte, ging Hubert Pogatschnig zu seinem Wagen. Er kam an einem alten, verschrammten und dreckigen Kastenwagen vorbei, der seiner Meinung nach eher auf einem Schrottplatz parken sollte. Er kramte seinen Autoschlüssel heraus, als ihm wie aus dem Nichts ein Sack über den Kopf gezogen wurde. Zeitgleich packte ihn eine Vielzahl von Händen und zerrte an ihm. Den Geräuschen nach zu urteilen, war es der verlotterte Kastenwagen, dessen Türen geöffnet und in den er hineingestoßen wurde. Drinnen wurde er bäuchlings hart zu Boden gestoßen und seine Handgelenke mit einem groben Strick hinter dem Rücken gefesselt.

Hubert wollte nicht wahrhaben, was soeben passierte. Vor zwei Jahren war er auf dem Parkplatz vor dem Haus seiner Eltern hinterrücks überfallen und entführt worden und kurz danach wieder, beide Male, als er ins Auto einsteigen wollte. Seither blickte er sich immer um, wenn er bei Dunkelheit sein Auto aufschloss. Ab heute würde er dies wohl auch bei Helligkeit tun.
Mit lauten, schabenden und rumpelnden Geräuschen wurden die Türen geschlossen und in einer fremden Sprache Befehle hin- und hergebellt. Dann wurde ein Motor gestartet, und das Gefährt, in dem Hubert lag, setzte sich in Bewegung. Der Sack über seinem Kopf war aus Jute, kratzte in seinem Gesicht und stank übel. Es dauerte einige Sekunden, bis er erkannte, dass die Sprache seiner Entführer arabisch war. Er fragte sich, warum er bei all seinen Ermittlungen in den vergangenen Tagen nie auf die Idee gekommen war, dass die Syrer beim damaligen Verschwinden der Golanis die Finger mit im Spiel gehabt haben könnten. Vielleicht war Vogts Idee mit dem Geheimdienst gar nicht so abwegig – nur, dass es sich dabei vielleicht um einen syrischen Geheimdienst handelte und nicht um einen österreichischen.
»Wo sind die Freunde von Poltl, hä?« Ein schmerzvoller Tritt in die Rippen begleitete die Frage, gefolgt von einem groben Klaps auf den Kopf. »Wo finden wir die alten UNO-Soldaten?«
»Shizal, bist du das?«, stammelte Pogatschnig ungläubig. Einem kurzen Schweigen folgten mehrere Tritte in die Beckengegend und einer gegen den Kopf.
»Halts Maul und sag, was du weißt.«
»Wie lange?«
»Was meinst du?«
»Wie lange soll ich das Maul halten, bevor ich sage, was ich weiß?« Als Antwort bekam er mehrere leichte Tritte gegen den Hinterkopf, und sein Rücken wurde mit mehreren Faustschlägen malträtiert.
»Verarsch mich nicht, du.«

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